Home Jahr 2022 REVIEW | Rezension Brettspiel Tribes of the Wind

REVIEW | Rezension Brettspiel Tribes of the Wind

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Nach Jahrhunderten der Ausbeutung der Natur erschuf der Mensch eine neue Art der Umweltverschmutzung, die sich auf dem ganzen Planeten ausreitet und alle Lebensformen auf dem Weg zu zerstört.

Vereinzelte Gruppen von Männern und Frauen konnten in kleinen Wäldern, die glücklicherweise unversehrt blieben, überleben und sich in hohen Städten verstecken, die in den Baumwipfeln gebaut wurden. Sie werden die Windstämme genannt, weil sie von einem Ort zum anderen fliegen, um so jeden Kontakt mit Verschmutzung zu vermeiden.

Diese Einleitung findet sich in der Anleitung von Tribes of the Wind. Das Thema Natur und Umweltschutz bleibt weiterhin in der Spielewelt präsent, so auch in diesem Jahrgang. Was sich zunächst recht düster anhört, ist aber auf den ersten Blick sehr bunt gehalten. Wie es mir, dann auch nach dem zweiten Blick gefallen hat, lest ihr hier.


SPIELBESCHREIBUNG

In Tribes of the Wind spielen wir den Anführer eines Windstammes und versuchen unser liebgewonnenes Fleckchen Erde von der Verschmutzung zu befreien, den Wald zurückkehren zu lassen und gleichzeitig neue Städte zu errichten. Dazu haben wir unser eigenes Spielertableau vor uns, welches am Anfang mit recht viel Verschmutzung belegt wird.

Um unsere Ziele zu erreichen, bedienen wir uns unserer Handkarten. Diese gibt es in vier verschiedenen Farben, die alle eine andere Aktionsart erlauben. Blaue Karten liefern meist Wasser, grüne Karten lassen mich oft Wasser ausgeben, um einen neuen Wald zu pflanzen, mit gelben Karten kann ich meine Windreiter auf den Wäldern bewegen und rote Karten können häufig die Verschmutzung reduzieren. Denn Wälder darf ich nur auf Felder legen, wenn dort keine Verschmutzung mehr liegt. Allerdings darf ich nicht einfach so eine Karte ausspielen. Jede Karte hat eine – meist sogar zwei – Bedingung(en). Diese Bedingungen beziehen sich auf die Kartenfarben, und zwar entweder meine eigenen oder die meiner beiden Nachbarn. So kann ich z. B. eine bestimmte Karte nur spielen, falls ich mehr blaue Karten auf der Hand habe als einer meiner Nachbarn. Falls ich sogar mehr habe als beide Nachbarn, bekomme ich dann auch einen stärkeren Effekt.

Habe ich eine Karte ausgespielt, führe ich den Effekt aus und ziehe eine Karte nach. Dabei habe ich immer die Auswahl aus 5 Karten, allerdings sehe ich nur die Rückseite – also die Farbe – und kenne weder den exakten Effekt, noch dessen Voraussetzung. Danach ist mein Zug vorbei. Es gibt aber auch noch zwei weitere Aktionsmöglichkeiten. So darf ich drei Handkarten ungenutzt abwerfen, um einen Tempel zu bauen. Das kann ich vier Mal im Spiel machen und bekomme dadurch eine Bonusaktion. Diese Aktion ist analog zu den vorhandenen Grundaktionen im Spiel – Wasser, Wald, Bewegung oder Verschmutzung – unterscheidet sich jedoch von der Stärke je nach Spielertableau.

Die dritte Möglichkeit, die ich in meinem Zug wählen kann, ist ein Dorf zu bauen. Dazu muss ich ein Waldplättchen auf meinem Tableau liegen haben und – je nach Plättchen – eine bestimmte Anzahl an Windreiter darauf stehen haben. Ist das der Fall darf ich dieses Plättchen umdrehen und ein Dorf darauflegen. Das hat gleich zwei Vorteile. Zum einen darf ich mir eine der ausliegenden Sonderkarten nehmen und entweder einen starken Sofortbonus erhalten oder einen saftigen Punktebonus, sollte ich am Ende des Spiels die abgedruckte Bedingung erfüllt haben. Außerdem bringt jedes Dorf per se Siegpunkte und bringt mich einen Schritt weiter das Spielende auszulösen und so nochmals Bonuspunkte zu kassieren.

Wer zuerst alle fünf Dörfer gebaut hat, läutet das Spielende ein. Nach der finalen Runde gibt es dann Punkte für die Dörfer und deren Bonuskarten, gepflanzte Wälder, gebaute Tempel und die Abwesenheit von Verschmutzung. Wer nach der Auswertung die meisten Punkte erzielt hat, gewinnt Tribes of the Wind.



AUTOR: Joachim Thôme ■ GRAFIKER: Vincent Dutrait
VERLAG: La Boîte de Jeu ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2022

2-5 Spieler

ab 14 Jahren

ca. 45 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu BGG)


SPIELGEFÜHL

Als ich das erste Mal von Tribes of the Wind gehört habe, dachte ich es wäre nicht für meine Gruppen geeignet. Post-apokalyptische Spiele mit düsterer Geschichte bekomme ich nicht auf den Tisch. Als ich dann aber das Spiel gesehen habe, haben mich die Illustrationen eines Besseren belehrt. Vincent Dutrait hat eine bildhübsche Welt erschaffen, die auf dem Tisch einfach schön aussieht. Hier ist nichts düster, eher das Gegenteil, es ist richtig bunt. Tatsächlich ist es sogar so, dass durch diese freundlich wirkenden Illustrationen und der vielen Farben das Thema komplett in Vergessenheit gerät. Auch die Mechanismen schaffen es nicht mir das Gefühl der Renaturierung zu vermitteln.

Wissen muss man, dass trotz der freundlichen Aufmachung hier im Kern ein knallhartes Rennspiel steckt. Zwar gewinne ich nicht automatisch, wenn ich als erstes das Spielende einläute, aber die Chancen sind nicht schlecht. Die zusätzlichen Bonuspunkte, vor allem wenn die Konkurrenz es nicht geschafft hat in der letzten Runde noch das letzte Dorf zu platzieren, sind oft die entscheidenden Punkte.

Hier ist also bei jedem Zug Optimierung gefragt. Ich muss immer den richtigen Zeitpunkt erwischen, um eine Karte zu spielen. Der Kniff ist hier, dass dieser Zeitpunkt direkt von meinen Nachbarn und deren Karten abhängig ist. Das sorgt für ein spannendes Gefühl an Interaktion, bei dem ich versuchen muss nicht nur den Zug meiner Mitspielenden vorauszuahnen, sondern auch welche Karte sie wohl nachziehen werden. Denn dadurch können meine ganzen Pläne zunichte gemacht werden oder sich andere Möglichkeiten auftun. Aufholen in diesem Spiel ist sehr schwer.

Das Spiel selbst ist schnell gespielt, vor allem bei einer erfahrenen Gruppe. Ein Spiel zu zweit dauert nicht mehr als die angegebenen 40 Minuten. Die eigenen Züge gehen sehr schnell und dadurch gibt es auch kaum Downtime, vor allem, weil ich ja auch ständig bange, dass meine Nachbarn mir nichts zunichte machen. Noch ein Punkt zur Personenanzahl. Oftmals ist es bei Spielen dieser Art und vor allem auch bei so kurzen Zügen so, dass es deutlich mehr Spaß macht, wenn wir zu viert am Tisch sitzen und nicht zu zweit. Das ist hier ganz anders. Ich habe Tribes of the Wind in allen Besetzungen spielen können und muss sagen, dass es mir zu zweit am besten gefällt. Das liegt an dem einfachen, aber absolut überzeugenden, Kniff für den zweiten Nachbarn. Normalerweise habe ich, wenn ich zu zweit spiele, nur einen Nachbarn. In diesem Fall erfüllt die Auslage die Funktion des zweiten Nachbarn. Das bringt nochmal eine spannende taktische Komponente mit sich.


Zusammenfassung

Ich liebe Rennspiele. Tribes of the Wind ist keine Ausnahme. Wir haben eine spannende Optimierungsaufgabe vor uns, bei der wir ständig auf unsere Mitspielenden achten müssen. Denn auch wenn wir alle unseren eigenen Spielplan im Blick haben, ist es bei weitem nicht egal, wie die Mitspielenden agieren. Auch ist es Bildhübsch anzusehen.

Die leicht asymmetrischen Elemente bei den verschiedenen Windstämmen bringen nochmal Wiederspielreiz, verändern aber nicht grundlegend das Spielgefühl. Neulinge vermissen manchmal eine symmetrische Seite für das Einführungsspiel, merken aber recht schnell, dass es nicht zwingend notwendig ist.

Bei uns zuhause und in unseren Spielrunden ist Tribes of the Wind immer sehr gut angekommen und deshalb kann ich für dieses Kennerspiel auch die Bestnote vergeben. 

  • Wunderschöne Illustrationen und Holzkomponenten
  • Faszinierende Mechanik, die die Kartenrückseiten der Nachbarn nutzt
  • Skaliert gut zwischen 2 bis 4 Spielern, am besten zu zweit
  • Thema kommt nicht so gut durch
  • Rückseite der Spielertableaus hätten als symmetrische Seite genutzt werden können

Aus meiner Spielerperspektive: Tribes of the Wind macht im Bereich der Kennerspiele für mich alles richtig. Ich freue mich über jede weitere Partie, gerne auch gleich hintereinander.

Zweite Meinung Christoph

Nachdem das Brettspiel auf der SPIEL 2022 so gehypt wurde, hatte ich am Sonntag das Glück noch ein Exemplar des Spiels zu erlangen.

Und ich muss sagen, mir wurde nicht zu viel versprochen. Ich konnte das Spiel nun zu dritt und zu viert spielen. Daher bezieht sich meine Meinung auch auf diese Konstellationen.

Man benötigt zu Beginn einige Zeit, um sich mit der Ikonographie zurechtzufinden, aber dann fluppt das Spiel so richtig. Es ist eine gelungene Mischung aus Taktik und Interaktion durch die Kartenrückseiten meiner Mitspielenden. Dazu noch eine kleine Asymmetrie durch die Playerboards. Trotz der netten Aufmachung darf man nicht übersehen, dass wir es hier mit einem Kennerspiel zu tun haben. Ja, man kann das Spiel auch „entschärfen“ in dem man das ein oder andere rausläßt (habe ich schon mal bei nicht so geübten Spielern gemacht), aber in Summe gilt es doch einige Spielzüge gut vorzubereiten.

Dazu kommt das Tempo. Geht es in den ersten Spielzügen noch relativ gemächlich zu, nimmt Tribes of the Wind gerade im hinteren Drittel enorm an Fahrt auf und ist plötzlich vorbei. Hat man da zu lange mit der Vorbereitung seiner Spielzüge gebraucht, kann man schon mal in die Röhre schauen.

Wenn ich meckern darf, dann, dass ein kleiner Auswertungsblock noch ganz nett gewesen wäre. Denn es gibt einfach sehr viele Quellen für Siegpunkte.

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