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REVIEW | Rezension Brettspiel Cuzco

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Cusco war einst die Hauptstadt des Inkareichs und spielte eine zentrale Rolle für Kommunikation, Religion, Wissenschaft und Landwirtschaft. All das ist thematisch in Cuzco eingewoben – Brettspiel Nummer 6 in der Stefan Feld-City Collection. 

In seinem ersten Leben hieß das Spiel noch Bora Bora und zog nun mit der neuen thematischen Einbettung vom Südpazifik nach Südamerika um. Was uns hier erwartet, lest Ihr im Folgenden.

Carina


Cuzco wird über sechs Runden gespielt. Zu Beginn einer neuen Runde würfelt jeder seine drei Würfel. In Spielerreihenfolge dürfen diese nun auf einem Aktionsfeld eingesetzt und die entsprechende Aktion ausgeführt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass zwar mehrere Würfel auf ein Feld eingesetzt werden können, diese aber immer vom Wert her absteigend sein müssen.

Die Aktionen können in folgenden Optionen bestehen:

  • Man kann sich über Wege auf dem Spielplan bewegen, ein Dorf besuchen und dort ein Khipu-Plättchen vom eigenen Spieltableau einsetzen, um eine Feder sowie bei Spielende ggf. Punkte zu erhalten.
  • Man kann ein Landwirtschafts- oder Forschungsplättchen erwerben und es auf dem eigenen Spieltableau einsetzen, um es bei Rundenende für weitere Boni nutzen zu können.
  • Mit der Tauschaktion kann man Landwirtschafts- oder Forschungsplättchen aktivieren und in Nahrung oder Statuspunkte eintauschen. Oder man kann Götterkarten kaufen oder Opfergaben erhalten, mit denen man das Ausspielen der Karten bezahlen kann. Oder man kann Federn erhalten, mit denen man sein Tableau vervollständigt, um dafür Punkte zu erhalten.
  • Mit der Tempelaktion schickt man Priester in den Tempel. Für diese erhält man bei Rundenende Punkte und ggf. weitere Belohnungen.
  • Mit der Federschmuckaktion komplettiert man seinen Stirnreif, wenn es bereits mit Federn ausgestattet ist, um Schmuckelemente und erhält dafür Punkte. 
  • Als letzte Möglichkeit kann man einen Würfel – egal mit welcher Augenzahl – auf dem Feld einsetzen, auf dem man zwei Punkte erhält. 

Nach dem Durchführen der Aktionen kann jeder Mitspielende je ein Forschungs- und Landwirtschaftsplättchen nutzen. Anschließend wird das Rundenende auf dem Cuzco-Spielplan wie folgt abgehandelt:

  • Die Punkte der Statusleiste werden ausgewertet und danach die neue Spielreihenfolge bestimmt. 
  • Der Tempel und die eingesetzten Priester werden gewertet sowie ein Bonus-Medaillon für die Mehrheit verteilt.
  • Jeder, der es sich leisten kann, kann auf dem Markt eine Ware einkaufen. 
  • Nun kann noch ein Aufgabenplättchen erfüllt und ein neues ausgesucht werden. 

Nach der sechsten Runde findet die Schlusswertung statt. Dann gibt es noch Punkte für Medaillons und Dörfer, in denen das eigene Khipu-Plättchen oben liegt. Außerdem kann man Punkte erhalten für das Vervollständigen des Kopfschmucks, für alle erfüllten Auftragsplättchen, für sechs Marktplättchen und ein abgeräumtes und wieder mit Plättchen gefülltes, eigenes Tableau. Wer die meisten Punkte erzielen konnte, gewinnt Cuzco

Brettspiel Regeln

Spielregeln (ext. Link zu Queen Games)


Die Erstpartie Cuzco erschlägt Dich. Allein schon das enthaltene Material erfordert ein wenig Sichtungszeit. Der Aufbau dauert ungeübt locker eine halbe Stunde. Und dann noch diese Möglichkeiten und die Verzahnung der Optionen untereinander. Heidewitzka, das muss erstmal verdaut werden… Aber es lohnt sich!

Gar nicht mal so kompliziert

Fangen wir mal vorne an: Erklärt wird das Spiel sehr gut. Ich möchte hier nochmal herausstellen, wie gut gegliedert und verfasst ich die Regeln von Queen Games üblicherweise finde. Regeltechnisch habe ich zu diesem Spiel allerdings anzumerken, dass im Abschnitt Spielaufbau und persönlichem Spielmaterial sowie im Glossar die Schrift recht klein dargestellt ist. Vielleicht fällt mir das aber nur deshalb auf, weil mit zunehmendem Alter die Augen schlechter werden und das Entziffern nicht mehr so leicht fällt… Auch, wenn man später im Spiel einzelne Punkte nachschlagen möchte, fällt die Orientierung und das Auffinden im Regelwerk leicht. Für mich ein echter Pluspunkt, denn eine gut strukturierte Regel erleichtert den Einstieg in eine komplexe Materie enorm. Daher: Cuzco ist komplex, aber nicht kompliziert zu erlernen!

Wow – ne Menge Zeug auf dem Tisch!

Das Spiel benötigt eine Menge Platz auf dem Tisch. In Vollbesetzung zu viert wird es dabei auf einem herkömmlichen Spieltisch schonmal kuschelig. Jeder hat vor sich das imposante Tableau, wo eingeplant werden muss, dass noch Platz für den ausladenden Federschmuck bleibt. (Die Tableaus lassen sich übrigens prima selber zu double layer-Boards zusammenkleben.)

Dann gibt es noch zwei Spielpläne inklusive Anbau für die Kartenauslage und der Stauraum für die Plättchen, die am Rundenende ab- und wieder aufgebaut werden wollen, muss auch noch berücksichtigt werde. Eine ausladende Materialschlacht – die während des Spiels auch ein wenig Verwaltungsaufwand verlangt.

Das umfängliche Material gibt dem Spiel andererseits aber auch enorm viel Varianz und Wiederspielreiz. Der Dorfplan lässt sich auf unterschiedliche Weise zusammenstecken und die vielen Plättchen kombinieren sich auch immer wieder anders, so dass jede Partie neue Anforderungen an die Spielenden stellt.

Würfelglück vs. Strategische Planung

Ein wesentlicher Kniff von Cuzco besteht darin, dass wir die Würfel nur in absteigender Reihenfolge auf die Aktionsfelder einsetzen können. Daraus ergeben sich Zwänge, die unsere Überlegungen massiv beeinflussen. Dadurch, dass die Würfelergebnisse der Mitspielenden offen auf dem Tisch liegen, können wir ungefähr kalkulieren, wie unsere eigenen Chancen stehen, auf bestimmten Feldern noch zum Zuge kommen zu können. Der grundsätzliche Gedanke „Dann ist es ja besser, ich würfle kleine Werte.“ drängt sich auf, ist aber leider auch nicht richtig. Denn wenn ich einen höheren Würfelwert habe, kann ich auf dem Tauschfeld mehr erreichen, auf den Feldern mit den Landwirtschafts- oder Forschungsplättchen über eine größere Auswahl verfügen oder im Dorf nahezu jeden Weg benutzen. Das Management meiner Würfel ist daher das zentrale Element des Spiels, bei dem vor allem auch die Würfelergebnisse der Mitspielenden im Blick gehalten werden müssen!

Hinzu kommt, dass ich für bestimmte Aktionen vorher vielleicht noch etwas anderes erledigt haben möchte, doch wenn ich die Würfel nicht in der Reihenfolge einsetzen kann, in der ich das möchte und brauche, dann kann ich diese notwendigen Voraussetzungen nicht schaffen und meine darauf aufgebauten Planungen stürzen in sich zusammen. Hier gilt es oftmals, in vertrackten Situationen einen Plan B zu erarbeiten…

Was? Ich kann daran nichts ändern?!?

Und was ist daran das allerschlimmste? Ich kann die Würfelwerte nicht manipulieren!!! Ja, was ist das denn? In meiner Erstpartie war ich schier entsetzt! Aber Stefan Feld hat es einfach drauf, uns zu quälen und herauszufordern. Er scheint uns quasi zuzurufen: Komm, würfle und mach das Beste draus – Du schaffst das schon, ich trau Dir das zu!

In jedem Diceplacer kann ich doch normalerweise irgendetwas tun, um mich aus der Würfelpech-Misere zu befreien. In Cuzco sind die Möglichkeiten stark limitiert. Es gibt einige wenige Karten, die es mir ermöglichen, meinen Würfelwert zu manipulieren oder meinen Würfel regelwidrig in der Reihenfolge der Würfel unterzubringen. Auch wenn man im Besitz der Karten ist, muss man das Ausspielen in dem Moment noch bezahlen können… Erleichterung für die geschundene Würfelseele bringt das optionale Modul „Die Schneckenhörner“, mit denen ich den Wert wenigstens um ein oder zwei Pünktchen verbiegen kann. Ich möchte die Schneckenhörner nicht mehr missen…

Da geht’s schonmal zur Sache…

Cuzco ist kein Ort für zartbesaitete Seelen! Ich möchte das Spiel nicht mit Menschen spielen, die eine aggressive Spielweise verfolgen. Das könnte mir zu heftig sein – denn das Spiel bietet grundsätzlich die Möglichkeiten dazu: Will man die Mitspielenden richtig ärgern, kann man auf Aktionsfelder direkt am Anfang einen Würfel mit niedrigem Wert einsetzen. Auf diese Weise erstickt man die Aktionen der Konkurrenz im Keim. 

Neben dem Würfeleinsetzen entsteht aber auch Konkurrenz beim Tempel, wo wir andere herabsetzen oder rauswerfen können, oder auch beim Kaufen der Plättchen auf dem Markt oder im Gerangel um Aufgabenplättchen.

Aber nicht nur da bietet Cuzco Raum für Interaktion, die schonmal ganz schön hart sein kann. Auch der Dorfplan ist ein Ort, an dem es zwischen den Spielenden zur Sache geht! Hier erhält nur derjenige bei Spielende die Punkte für das besuchte Dorf, wer mit seinem Khipu-Plättchen ganz oben liegt – das Dorf also als letztes besucht hat. Böse, wenn man bereits früh im Spiel viel gereist ist und kurz vor Ende des Spiels die anderen nach und nach alle meine Plättchen überdecken und die Punkte schmelzen dahin wie Eis in der Sonne… Da hilft es manchmal, das drehbare Mittelteil des Plans zu benutzen, um lästige Verfolger abzuschütteln. 

Auf dem Dorf-Plan ist daher Timing wichtig. Man darf eigentlich nicht zu früh dort bauen, muss das doch irgendwann tun, damit man Federn erhält und sein Tableau freispielt, um Raum für Landwirtschafts- oder Forschungsplättchen zu schaffen. Eine Zwickmühle, die es ebenfalls schlau zu managen gilt.

Spielhilfen und Spielendenzahl

Sowohl während des Spiels als auch bei der Schlusswertung hilft die Spielerhilfe sehr gut. Auch das Cuzco-Tableau leitet sehr gut durch das Rundenende. Der Ring, der jeweils die Station anzeigt, die gerade abgehandelt wird, unterstützt die Abwicklung. Auch, wenn man das Spiel nach einer gewissen Zeit wieder auf den Tisch bringt, helfen diese beiden Elemente gut dabei, den Spielablauf zu erinnern.

Die Optionen, also die möglichen Aktionen im Spiel, sind ebenfalls gut überschaubar und die Symbolsprache des Spiels unterstützt dabei gut. Nur bei den Kartenfunktionen muss man noch häufiger nachschauen, was damit gemeint ist. Allerdings ist das Nachschlagen von Symbolen in diesem Spiel erheblich weniger notwendig als in anderen Spielen der Reihe. 

Cuzco funktioniert zu zweit schon richtig gut, mit mehr Mitspielenden kommen zwar weitere Aktionsfelder hinzu, aber es wird immer herausfordernder, mit seinen Würfeln noch einen ordentlichen Aktionsplatz zu ergattern. Aber nicht nur das: Es wird auch deutlich länger. Zu viert ohne Grübler werden das schonmal gut drei Stunden. 

Den Punkt zählen wir aber noch mit!

Man darf nicht außer Acht lassen, welche wertvollen Zusatzaktionen einem die Landwirtschafts- und Forschungsplättchen einbringen, die wir auf unserem Tableau sammeln. Hier kann man bei Rundenende noch weitere Aktionen durchführen, für die man sonst einen ganzen Spielzug mit Würfeleinsatz hergeben muss. Das zahlt sich später in Punkten aus. 

Bei Spielende gibt es dann sowieso noch einmal für Vieles Punkte – wer also den Feldschen Punktesalat erwartet, wird auch hier wieder nicht enttäuscht. Erstaunlich wie nah man trotz der Punkteschlacht bei Spielende doch vom Ergebnis her beieinander liegen wird. Sind die Spielenden ungefähr auf dem gleichen Level, entscheiden am Ende Nuancen. Da ist es beispielsweise nur fair, neue Mitspielenden deutlich darauf hinzuweisen, dass man wichtige Punkte verliert, wenn man nicht ab der ersten Runde bei den Markt- und Aufgabenplättchen dabei ist. Wer sich hier bis zur zweiten Runde Zeit lässt, hat bei der Schlussabrechnung meist das Nachsehen. 

Enttäuschend ist vielleicht, wie verhältnismäßig wenig Punkte man für das Erreichen bestimmter Ziele erhält. Wer beispielsweise seinen kompletten Stirnreif mit Federn und Schmuck fertiggestellt hat, kann sich eher an der tollen Optik als an den dafür zu erhaltenden Punkten erfreuen. Da sieht man schonmal lange Gesichter, wenn es heißt „Was, für alle Federn gibt es nur 6 Punkte?!“ Aber wie wir Stefan Feld kennen, hat er sich dabei sicher etwas gedacht…!

  • Hochwertiges Spielmaterial und opulente Optik – besonders in Bezug auf das Maskentableau
  • Viel (Wieder-)Spielreiz durch variables Spielmaterial
  • Gelungene Verzahnung der Spielelemente und Aktionsmöglichkeiten
  • In voller Runde recht lange Spieldauer – wird einem vom Vorgänger die Planung durchkreuzt, muss man halt neu denken
  • Wenig Möglichkeiten zur Manipulation der Würfelwerte und damit Abhängigkeit vom „Würfelglück“ – bei einem Strategiespiel meist schwer zu ertragen
  • Teilweise wirken sich Interaktionen sehr negativ aus – das kann frustrierend sein

Cuzco hat es in sich: Das verzahnte Expertenspiel kommt nicht nur mit einer opulenten Optik und massenhaft Spielmaterial daher. Es bietet auch viele interessante Entscheidungen, einen kniffligen Würfeleinsetzmechanismus und zahlreiche verzahnte Aktionsmöglichkeiten.

Das Spielmaterial bietet viel Varianz und macht Cuzco damit für viele Partien reizvoll. Die Glückskomponente des Würfelns und das damit verbundene Würfelergebnis stellt die Spielenden vor Managementherausforderungen, die zusätzlich mit vielen Interaktions- und Konkurrenzsituationen garniert werden. Das alles ist aber mal wieder bestens komponiert.

Ein richtig knackiges, verzahntes Spiel kann nicht alle Tage auf den Tisch kommen. Aber wenn man Zeit und die richtige Runde beisammenhat, ist Cuzco ein Fest, bei dem es letztlich nur auf ein paar Details ankommt, die den Ausschlag zum Sieg geben. Und auch wenn man dann knapp verliert, hat man trotzdem viel Spaß gehabt – in diesem Sinne: Herzliche Grüße an meine Kalkarer Runde. 

AUTOR: Stefan Feld
ARTIST: Marek Bláha, Klemens Franz
VERLAG: Queen Games

ERSCHEINUNGSJAHR: 2023

2-4 Spielende

14 Jahre

75-120 Min.

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