Home Jahr 2020 REVIEW | Rezension Brettspiel Alubari

REVIEW | Rezension Brettspiel Alubari

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Kennt Ihr das? Ein Spiel spricht Euch total an und Ihr wollt es unbedingt kennenlernen. Dann schaut Ihr in die Packung, lest in die Anleitung rein und denkt: Ach, das hatte ich mir aber irgendwie anders vorgestellt… 

So war es bei mir und Alubari. Ich habe hinter dem schönen, geheimnisvollen Cover ein „reines“ Teespiel erwartet und dann ging es hier irgendwie die ganze Zeit um Eisenbahnen. Ein Thema, das mich leider nur sehr wenig begeistern kann. 

Alubari landete daher erstmal auf dem Pile of shame und lag da ne ganze Weile rum. Mittlerweile kam es einige Male auf den Tisch und was ich jetzt vom Spiel halte, verrate ich Euch jetzt…

Carina Brachter


SPIELBESCHREIBUNG

Der Teeanbau in Darjeeling wurde nur durch den Ausbau der Himalayan Railway und der Erschließung der zahlreichen Tea Estates möglich. Die Spieler:innen in Alubari stehen daher im Wettstreit darum, die Erschließung der Tea Estates, den Eisenbahn- und Gebäudebau am erfolgreichsten voranzutreiben und am Spielende dadurch die meisten Siegpunkte erzielt zu haben.

Bei diesem Workerplacementspiel platzieren die Spieler:innen ihre Arbeiter auf unterschiedlichen Aktionsfeldern und lösen so unterschiedliche Tätigkeiten aus. Die erste Möglichkeit besteht darin, am Lagerplatz Rohstoffe zu erhalten. Dies können Stein, Eisenerz oder Chai sein. 

Mit dem Eisenerz lassen sich in der Gießerei, einem weiteren Aktionsfeld, Schienen bauen, mit denen man dann an der Eisenbahnstrecke bauen kann.

Auf dem Feld „Aushub“ kann man an der Entwicklung der der Tea Estate mitwirken. Hier sind Schuttwürfel zu entfernen. Wurden von einem Schuttfeld alle Würfel entfernt, darf man dort einen eigenen Marker platzieren und wird künftig an der Ernteausschüttung beteiligt. 

Außerdem besteht die Möglichkeit, Gebäude zu bauen. Auf der Eisenbanhstrecke befinden sich zahlreiche Bahnhöfe, die auf Baufeldern bestimmte Rohstoffe – im wesentlichen Stein und Schutt – für das Errichten von Gebäuden erfordern. Hierfür gibt es Boni oder am Ende des Spiels Siegpunkte. 

Außerdem lassen sich auf den Gebäudeaktionsfeldern auch sog. „Betriebsmittel“ einkaufen, die einem die Arbeit ein wenig erleichtern sollen und Siegpunkte bringen.

Im Postbüro lassen sich Aktionskarten kaufen, die zweigeteilt sind und immer einen einmaligen Effekt zur Verstärkung der anderen Aktionsfeldern enthalten sowie in der unteren Hälfte Möglichkeiten, mit dem Erreichen bestimmter Erfolge im Spiel zusätzliche Punkte am Spielende zu erhalten.

Die letzte Möglichkeit besteht darin, geerntete Teeblätter gegen Chai zu tauschen, um andere Aktionen während des Spiels verstärken oder zusätzliche Arbeiter einsetzen zu können.

Ein weiteres wichtiges Element im Spiel ist das Wetter: Dieses wird zu Beginn jeder Runde durch das Aufdecken von Karten bestimmt. Je nach Wetterlage wächst der Tee stärker und kann bald geerntet werden, Schuttabbau wird behindert oder der Schienenbau aufgrund der guten Wetterlage erleichtert.

Zudem mischt das Spiel selbst auch noch über ein Aktionsrad mit. Sind beim Ziehen der Ressourcen auch noch weiße Würfel dabei, werden diese auf dem Ereignisrad platziert und lösen dort Effekte aus. Diese können beispielsweise Ernten auslösen oder die Sperrung bestimmter Bauplätze zur Folge haben.

Das Spiel endet, sobald der letzte Streckenabschnitt gebaut wird; bei ein bis zwei Spielern kann es auch früher enden. Alle Siegpunkte werden errechnet und wer die meisten erringen konnte, gewinnt Alubari.



AUTOR: Tony Bodell  ■ ILLUSTRATIONEN: Cécile Guinement, Franck Archard
VERLAG: Studio H | Board Game Box  ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2020|2019

1-5 Spieler

ab 14 Jahren

ca. 60-90 Minuten

Spielregeln 2te Auflage (ext. Link zu Board Game Box)


SPIELGEFÜHL

Wie eingangs beschrieben war ich zunächst enttäuscht, dass es sich bei Alubari doch eher um ein Eisenbahnspiel handelt. Ein zweiter Blick auf das Cover und auch den Rand des Covers sagte mir dann klar: Das wird hier auch gar nicht verheimlicht, aber man sieht ja häufig nur das, was man sehen will.

Starke Verzahnung 

Lässt man sich aber erst einmal auf Alubari ein, so stellt man fest, dass es hier um deutlich mehr geht, als um Eisenbahnen. Die Entwicklung des Teeanbaus war nun einmal eine vielschichtige Angelegenheit und viele Aspekte waren zu beachten, um dabei erfolgreich zu sein. So gestaltet sich auch das Spiel: 

Hier gibt es Einiges zu bedenken, zu beachten, einzukalkulieren. Wie entwickelt sich das Wetter, welche Kartenauslage passt zu meinen Errungenschaften, welche Aktionsfelder sind noch frei, ist der nächste Tea Estate schon beinah ganz vom Schutt befreit, muss ich dringend Chai beschaffen? Haijaijai… Viele Aspekte, die es zu beachten gilt und eine starke Verzahnung der einzelnen Spielelemente untereinander! In der Erstpartie ist man klar überfordert und sie dauert auch ordentlich lang.

Aber: Die Lernkurve der Erstpartie ist eindrucksvoll und jede:r Spieler:in wird das zweite Spiel deutlich anders spielen.

Interaktion

Hat man erstmal ein wenig Übung, dann geht die Planung leichter von der Hand. Dennoch ist das Spielgefühl geprägt von Denkphasen und Alubari ist daher nicht das kommunikativste Spiel.

Interaktion hingegen ist klar gegeben: Dies beginnt bei den limitierten Workerplacement-Feldern, geht weiter über die Konkurrenz bei den Bahnhofsgebäuden und endet bei der Auslage der Auftragskarten. Hier kommen sich die Spieler:innen dann spätestens in die Quere, denn es gibt hier ganz klar stärkere und schwächere Aufgaben. Karte 17, bei der man am Spielende 54 (!) Punkte für sechs gebaute Schienen erhalten kann, ist ein klarer Grund, dem Gegenspieler diesen Plan aktiv versauen zu wollen. Schafft er oder sie es dennoch, ist das Spiel entschieden, da ist nahezu nichts mehr zu machen und der Sieg nur noch Formsache.

Hat man zudem einen Blick auf eine bestimmte Auftragskarte geworfen, hat frühzeitig den einzigen Aktionsplatz dazu besetzt und ein:e anderer:e Spieler:in schnappt einem den Augenstern vor der Nase weg, da „Auftragskarte nehmen“ auch ein Bonus einer Bauaktion sein kann, ist das sehr frustrierend. Ist mir in einem Spiel gleich zweimal hintereinander passiert – da kommt dann doch wieder ein wenig mehr Kommunikation ins Spiel, aber meist ein wenig unflätige…

Mal Regen, mal Sonnenschein

Der Wettereffekt ist ein wirklich schöner Mechanismus, der sehr thematisch Bewegung in das Spiel bringt und immer wieder die Rahmenbedingungen leicht verändert. In der ersten Partie hierauf so richtig zu achten, ist ein bisschen viel verlangt. Nach einigen Partien kann und muss man die Aspekte des Wetters zu Gunsten des eigenen Vorteils unbedingt mit einplanen. 

Wird beispielsweise in absehbarer Zeit eine Sonnenperiode erwartet, wird es effektiver sein Schienen zu bauen, da man dann mehrere auf einmal einsetzen kann. Dann sollte man doch frühzeitig schon einmal für Rohstoffe und Schienen sorgen, damit man dann so richtig Gas geben kann, wenn es dann soweit ist und das Wetter dem Schienebau hold ist.

Ressourcenentwicklung

Schöner Kniff: Die Ressourcen machen im Spiel eine interessante Entwicklung durch. Am Anfang steht durch die grünen Ressourcenwürfel, die man zu Rundenbeginn mit den anderen Ressourcen aus dem Säckchen zieht, noch einiges an Chai zur Verfügung. Chai ist ein wertvoller Aktionsverstärker oder macht es unter bestimmten Bedingungen möglich, den dritten Arbeiter für eine Runde aus dem Teehaus loszueisen und ins Spiel zu bringen. 

Nach Nutzung kommt Chai aber nicht wie Stein und Eisenerz zurück in den Beutel, sondern aus dem Spiel. Man sollte daher im Laufe des Spiels schauen, dass man durch Präsenz in den Tea Estates an Ernten beteiligt ist, um seine Ernte später in Chai tauschen zu können. Gelingt einem dies nicht, wird es mit der Verstärkung von Aktionen ziemlich eng.

Auch Schutt steht zunächst in großer Menge zur Verfügung. Er wird aber in größerer Menge erst später im Spiel für den Bau von Gebäuden benötigt, die dann in weiter hinten liegenden Streckabschnitten zur Verfügung stehen. Dann  gilt es, ggf. wieder Steine in Schutt umzuwandeln, um an attraktiven Gebäuden partizipieren zu können.

Der Teebahnhof

Ist die erste Ernte ausgeschüttet, darf man auf gar keinen Fall verpassen, im Teebahnhof Silguri Town Teeblätter in Punkte zu verwandeln. Der Bahnhof hängt nicht am Schienennetz und hier sind sehr lukrative Siegpunktfelder zu ergattern. Wird gerne vergessen, daher sei hier der warme Tipp vermerkt! 

Und sonst so?

Das ein oder andere Mal wurde angemerkt, dass das Flair auf dem Spielplan ein wenig zu kurz gekommen ist. Die Teestube versprüht beispielsweise so wenig Charme, dass man nicht nachvollziehen kann, warum die Arbeiter da so gerne ihre Tage verbringen und ihren Einsatz schwänzen. 

Auch die Symbolik hinkt an der ein oder anderen Stelle und hätten die Spieler:innen im Verständnis besser unterstützen können. So hätten auf den Bahnhöfen des Spielplans auch die Bahnhofsymbole der Aktionskarten abgebildet sein können. 

Ein bisschen unlogisch ist es auch, dass an Bahnhöfen bereits gebaut werden kann, wenn die Schienen noch nicht bis dort verlegt worden sind. Darüber kann man aber gut hinweg schauen.

Wer gewinnt?

Am Ende des Spiels kommt es zu einer wahren Punkteflut. Wer schließlich das Rennen macht, ist während des Spiels nicht unbedingt ersichtlich und macht das Spielende nochmal spannend. Sieger:in ist aber nicht zwangsläufig der- oder diejenige, der/die immer wieder durch den Einsatz von Betriebsmitteln den dritten Arbeiter zur Verfügung hatte. Hier waren wir oftmals überrascht, dass das Ergebnis sehr nah beeinander liegen kann. Zumindest im Spiel zu Zweit. Im Spiel zu Viert sind die Abstände der Spieler:innen schonmal größer. 


Zusammenfassung

Alubari ist ein sehr vielschichtiges Kennerspiel auf eher hohem Niveau, bei dem das Workerplacement im Vordergrund steht. Alubari muss erobert werden, die erste Partie dient dem Kennenlernen und erst nach zwei, drei Partien entfaltet das Spiel all seine Möglichkeiten. 

Das Spiel ändert durch die Ereigniswürfel und die Wetterfunktion immer wieder ein wenig die Rahmenbedingungen, so dass man sich stets neu auf die Gegebenheiten einlassen muss. Dies bietet Abwechslung und immer neue Herausforderungen, die den Wiederspielreiz erhalten.

Alubari ist eine klare Empfehlung für Eurogamer, Planer und Optimierer. 

  • Anspruchsvolles Eurogame mit zahlreichen taktischen Möglichkeiten 
  • Hoher Wiederspielreiz aufgrund vieler variabler Spielelemente
  • Schönes Spielmaterial
  • Anleitung der ersten Auflage, war nicht immer eindeutig zu verstehen. (Anmerkung es gibt inzwischen eine zweite Auflage: Board Game Box)
  • Orientierung auf dem Spielplan hätte einfacher sein können
  • Nichts für starke Grübler, denn die können sich im Spiel verlieren
  • Einige Betriebsmittel oder Auftragskarten wirken nicht gebalanced

Aus meiner Spielerperspektive: Ich muss wirklich Abbitte leisten, dass Alubari so lange auf seinen Einsatz warten musste. Das Spiel gefällt mir richtig gut, weil es so schön mehrschichtig, abwechslungsreich und herausfordernd ist. 

Der Wettermechanismus gefällt mir besonders gut, da er dem Spiel immer wieder andere Wendungen gibt. So kommt der Wiederspielreiz nicht zu kurz und verlangt immer wieder neue Flexibilität von den Spielern. 

7 COMMENTS

  1. Ich finde es sehr gut, dass als negativer Punkt die Übersetzung aufgenommen wurde. Oft wird dies nicht beachtet.

  2. Die Anleitung wurde überarbeitet für die zweite Auflage. Die kann auf der Webseite des Verlags runter geladen werden.
    Der Verlag heisst übrigens Board Game Box.

    • Hallo Michael, vielen Dank für die Anmerkung. Habe einen Link mit den neuen Regeln ergänzt. Viele Grüße Christoph

  3. Was soll an der Anleitung nicht verständlich gewesen sein? Ich würde gerne dem nachgehen.
    Bisher hatten wir andere und positive Feedbacks.

    • Ich schaue mir die Regel nochmal genau an und werde mich dann zeitnah mit Beispielen per E-Mail melden.
      Die falsche Bezeichnung des Verlagsnamens entstand aufgrund der Autokorrektur, tut mir leid.

      • Das ist also eine pauschale Behauptung. Wenn eine solche Behauptung aufgestellt wird und auf Nachfrage GESUCHT werden muss, kann die Anleitung also nicht schlecht sein. Ein holpriger Satz da, kann es geben. Deshalb auch die Anpassungen in der zweiten Auflage.
        Ich bitte um Korrektur dieser pauschalen Behauptung (Richtigstellung). Die Behauptung sagt, dass die Arbeit des Verlags unbrauchbar ist.

  4. Ich muss Michael zustimmen. Es wird nur beim Fazit auf die angeblich schlechte Übersetzung eingegangen. Im Fließtext wird eine fehlerhafte Übersetzung nicht erwähnt. Auch wird nicht auf die Auswirkungen eine schlechten Übersetzung eingegangen, wie zum Beispiel Probleme beim verstehen der Regeln.
    Ich lese eure Rezensionen zu den Spielen sehr gerne, aber bitte genauer recherchieren und nicht pauschal Behauptungen aufstellen.
    Viele Grüße

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