Ein neues Brettspiel: Aetherya von Huch!
Dass Elben, Zwerge, Menschen und Goblins nur bedingt gut miteinander auskommen, ist den meisten bekannt. Mit diesen genannten Stämmen und weiteren possierlichen Tierchen wie Drachen ein neues Königreich aufzubauen, das dabei auch noch möglichst harmonisch funktioniert, ist schon eine ziemliche Herausforderung. Mit dieser setzen wir uns in Aetherya auseinander – ein Spiel, das von den Abläufen und vom Aufbau her zwar an Skyjo erinnert, aber deutlich anspruchsvoller ist.
Carina Brachter
SPIELBESCHREIBUNG
In Aetherya startet jede:r mit einer Kartenauslage von 4×4 vor sich. Die vier Karten in der Mitte sind bereits aufgedeckt, den Rest müssen wir uns noch erschließen. Wie beim bekannten Skyjo dürfen wir, wenn wir an der Reihe sind, eine Karte vom Nachziehstapel oder vom Ablagestapel nehmen und dann überlegen, was wir mit ihr anstellen.
Entweder tauschen wir sie gegen eine verdeckte oder offen liegende Karte in unserem Raster aus oder wir werfen sie auf den Ablagestapel. Wenn wir Letzteres tun, dann müssen wir aber eine Karte aus unserer Auslage aufdecken. Sobald jemand seine letzte verdeckte Karte aufgedeckt hat, ist das Spiel zu Ende und es kommt zur Auswertung.
Wie viele Punkte wir erzielen, liegt an der Ausrichtung der ausliegenden Karten zueinander.
Alle Stämme – Elben, Zwerge, Menschen und Goblins – möchten bevorzugt neben bestimmten Landschaften platziert werden. Liegen diese Landschaftstypen bei Spielende orthogonal angrenzend zum jeweiligen Stamm, gibt es unterschiedlich viele Punkte. Darüber hinaus können wir über gezähmte Drachen punkten. Diese müssen von zwei Elben, Menschen oder Zwergen umzingelt sein, damit sie schön brav sind. Ggf. helfen uns beim Zähmen Portale, die zwar wie Drachen nicht vom Platz bewegt werden dürfen, aber die Möglichkeit bieten, weiter auseinander liegende oder mehr Karten miteinander zu verbinden.
Neben den Karten im Raster bieten uns sog. Legendenkarten weitere Punkteoptionen. Die Legendenkarten liegen in einer offenen Auslage und am Ende des Zuges darf jede:r überprüfen, ob eine der dort gestellten Aufgaben oder Anordnungen von Karten in der persönlichen Auslage erfüllt sind. Dann dürfen wir diese Karten nehmen und für die Endwertung behalten, auch wenn sich unsere Anordnung im Laufe der Partie noch einmal ändern sollte.
Da in Aetherya alles schön harmonisch ablaufen soll, bringen Konflikte – also zwei benachbarte Wesen, die sich eher weniger leiden können – natürlich auch Abzüge bei der Endwertung.
Neben dem Grundspiel hat Aetherya noch einen Solomodus, eine kooperative Spielvariante sowie eine Erweiterung zu bieten, die mit Plättchen, die zusätzlich auf den Karten platziert werden, weitere Charaktere und Gegenstände ins Spiel bringen, die die Interaktion und Spieltiefe erhöhen.
AUTOR: Francois Bachelart ■ ILLUSTRATIONEN/GRAFIK: Emma Rakotomalala, Lucie Mercier
VERLAG: Nostromo Éditions|HUCH! ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2022
1-4 Spieler
ab 10 Jahren
ca. 20 Minuten
Spielregeln (ext. Link zu HUCH!)
SPIELGEFÜHL
Wie Skyjo, aber ganz anders
Ja, man kann aufgrund des sehr einfachen Kartenzieh- und Auslegemechanismus schnell auf einen Vergleich mit Skyjo kommen, aber wenn es dann um den Kern des Spieles geht, ist es doch schnell vorbei mit der vordergründigen Verwandtschaft. Aetherya ist nämlich ein ganzes Stück komplexer und verlangt eine Menge Planung und auch ein wenig Kartenglück. Der Kartenzieh- und Auslegemechanismus macht Aetherya aber grundsätzlich zu einem flott gespielten Spiel mit angenehmer Spieldauer. Die angegebene Spielzeit von 20 Minuten haut zu Viert nicht ganz hin, aber sind alle im Spiel geübt, dann passt das schon.
Am Anfang: Vier Karten und ein Plan
Die Auslage zu Beginn gibt uns mit den vier offenen Karten bereits ein wenig die mögliche Ausrichtung unseres Königreichs vor. Diese muss man nicht zwingend verfolgen, aber liegt dort ggf. bereits ein Drache, kann ich die Karte ja nicht mehr wegtauschen und sollte mich schleunigst darum kümmern, das Biest zu zähmen. Auch andere Anfangskonstellationen können attraktiv und ausbaufähig sein und was bereits liegt, muss ich mir nicht mehr aufwendig ertauschen.
Jeder Zug eine Entscheidung
Was die verdeckten Karten mit sich bringen, bleibt eine Überraschung… Mit jeder neuen Karte, die ich ziehe, muss ich abwägen, ob ich diese in mein Königreich einbaue oder das Risiko eingehe, die Karte abwerfe und eine verdeckte Karte umdrehe. Sicherlich ist dann noch nicht das letzte Wort gesprochen, denn die nun aufgedeckte Karte kann ja in den meisten Fällen noch ausgetauscht werden. Handelt es sich aber um einen Drachen oder ein Portal, dann ist das weniger glücklich, denn diese bleiben an ihrem Ort und reduzieren meinen Spielraum zum Austauschen erheblich.
Die Zeit im Nacken
Außerdem drängt immer die Zeit und der Blick zur Auslage der Mitspielenden ist wichtig. Ich kann sehr detailverliebt an meinem Königreich basteln und immer schön weiter optimieren, allerdings kommt das Spielende für mich dann ggf. sehr plötzlich: Haben der oder die Mitspielenden in jedem Spielzug eine neue Karte aufgedeckt und somit das Spielende forciert, bleibe ich ggf. am Ende noch auf einigen verdeckten Karten sitzen. Und diese bergen ein nicht unerhebliches Risiko…. Steckt darunter ein noch nicht gezähmter Drache? Sorgt ein streitlustiger Goblin noch für ein paar Konflikte und damit Minuspunkte? Wissen ist in diesem Fall immer besser als vermuten und Vorsicht ist immer noch die Mutter der Porzellankiste…
Strategische Überlegungen
Ein wenig hilft es, gut aufzupassen, welche Karten noch nicht im Spiel sind. Dies macht man sicher nicht in den ersten Partien, aber nach und nach wirft man nicht nur häufiger ein prüfendes Auge auf die Auslage der Mitspielenden, sondern schaut auch genau, was im Kartenstapel zu bekommen ist. Der Nachziehkartenstapel wird häufiger durchgespielt, so dass man ungefähr weiß, was gerade im Umlauf ist. Hier kann man schonmal Glück haben und dann noch genau das erwischen, was man für ein optimal-harmonisches Königreich noch braucht.
Was dabei die beste Strategie zum Sieg ist? Es ist nie schlecht, sich auf einen Stamm und seine Vorlieben ein wenig zu fokussieren, um damit ordentlich zu punkten, aber auch die Anderen dürfen nicht gänzlich außer Acht gelassen werden.
Lasst uns Legenden schaffen
Die Legendenkarten mit den unterschiedlichen „Aufgaben“ sind eine schöne Option, um noch weitere Punkte einzuheimsen. Die Aufgaben sind aber häufig so ausgerichtet, dass sie uns Punkte bescheren für Kartenkonstellationen, die sonst nicht so günstig bzw. die am Ende nicht ertragreich sind. Das bringt eine schöne Spannung ins Spiel. Drei Gebirge nebeneinander angrenzend bringen mir fette vier Punkte über die Legendenkarte. In der Schlusswertung, bringen sie mir aber gar nichts. Besser wäre es, die in der Mitte liegende Karte noch gegen einen Zwerg auszutauschen, damit ich zuerst die Legendenkarte erfülle und dann auch bei Spielende noch für die Zwerg-Gebirge-Kombination punkte. Hier richtig abzuwägen bringt den Pfiff ins Spiel und auch die Spannung, ob mein Plan aufgeht. Das macht das Spiel sehr reizvoll.
Und da war da plötzlich dieser Drache
Aetherya kann einem aber auch übel mitspielen. Gerade was das Auftauchen und die Position von Drachen anbelangt, kann man ganz schön Pech haben. Liegen beispielsweise drei Drachen in einer der äußeren Reihen nebeneinander, ist es nahezu unmöglich, hier alle zu zähmen. Dieser Fall ist selten, kommt aber vor und kann gerade in der Erstpartie neue Mitspielende ziemlich frustrieren. Da das Spiel aber flott gespielt ist, kann man noch eine weitere Partie dranhängen, die dann sicher besser läuft.
Erweiterung steigert Interaktion und Taktik
Kennt man Aetherya ein wenig, dann sollte man die Plättchen der Erweiterung ins Spiel bringen. Diese werden verdeckt auf den Karten des äußeren Randes verteilt und beim Aufdecken von Karten kann man sich entscheiden, ob man das Plättchen zu sich nimmt oder es abwirft. Die Optionen, die mit den Plättchen ins Spiel kommen, machen Aetherya deutlich interaktiver und ein wenig taktischer, verändern das Spiel aber nicht gänzlich. Es wird aber leichter, Drachen zu bekämpfen, die ungünstig liegen, oder Konflikte beizulegen und damit Minuspunkte abzuwehren, weil es hier effiziente Gegenstände dafür gibt.
Das Spiel bietet viel Varianz, da die Auslage jedes Mal anders ist, und mit der Erweiterung und dem kooperativen Spiel auch genug Abwechslung, um längere Zeit attraktiv zu bleiben. Kooperativ muss man umdenken und viel kommunizieren, um gemeinsam erfolgreich zu sein. Die Herausforderung ist ziemlich knackig und man schafft sie nicht mal eben so „mit links“.
Auszusetzen habe ich an Aetherya wenig. Ein wenig Probleme gab es in unseren Runden immer im Verständnis der Portale. Hier war manchmal unklar, wie ihre Wirkung ist. Manchen gefällt der Grafikstil nicht und die Zuordnung der Waffen zu den unterschiedlichen Stämmen wurde nicht allen auf Anhieb klar. Am schwersten es fällt mir jedoch, mir den Namen des Spiels richtig zu merken. Der hätte ggf. etwas eingängiger gewählt werden können.
Zusammenfassung
Aetherya bedient sich eines einfachen Kartenzieh- und Legemechanismus, um eine anspruchsvolle Aufgabe zu erfüllen: Ein Königreich mit unterschiedlichen Stämmen und Landschaften aufzubauen, um diese zusammen mit noch ein paar (gezähmten) Drachen zu einem möglichst harmonischen Gesamtgefüge zusammenzufügen.
Durch diesen eingängigen Mechanismus ist Aetherya schnell erlernt und auch flott gespielt. Man muss nicht zwangsläufig Fan des Fantasysettings sein, um hier Freude zu haben, sollte aber bereits ein wenig Spielerfahrung mitbringen, um sich hier ordentlich schlagen zu können.
Die unterschiedlichen Spielvarianten sorgen für Abwechslung und Wiederspielreiz.
- Schöne Balance aus einfachem Spielablauf und kniffeligen Entscheidungen, die zu treffen sind
- Hoher Wiederspielreiz durch variable Spielelemente sowie unterschiedlichen Spielmodi und die Erweiterung
- In der Grundvariante recht solitärer Spielablauf
- Hoher Glücksfaktor bei der Zuteilung und Anordnung der verdeckten Karten
Aus meiner Spielerperspektive: Aetherya hat mich optisch nicht sehr angesprochen – auch das Fantasysetting wäre jetzt nicht meine erste Wahl gewesen. Aetherya hat mich dann aber sehr positiv überrascht, da es viel Spielreiz zu bieten hat. Außerdem lässt es sich sehr flüssig spielen, hat ein sehr angenehmes leichtes Kennerniveau und bietet zudem Varianz durch die Erweiterung und den knackigen kooperativen Spielmodus. Eine gelungene Überraschung also, die noch häufiger auf den Tisch kommen wird.
Zweite Meinung Christoph
Aetherya hat auf mich optisch zunächst recht wenig Reiz ausgeübt.
Da wir in der Familie aber immer noch die ein oder andere Skyjopartie auf den Brettspieltisch bekommen, war ich zumindest einmal neugierig.
Ich habe sowohl Basis- wie auch die fortgeschrittenen Variante gespielt. In einer Besetzung zu dritt bzw. viert und mir hat Aetherya gut gefallen. Nicht herausragend aber gut.
Die Basisveriante ist schnell erklärt. Auch mit den Portalen sind wir ganz gut zurecht gekommen. Mit den Plättchen wird es dann schnell unübersichtlicher und man muss mehr aufpassen, wann und wie man diese einsetzt. Die eh schon hohe Interaktivität steigt dann noch weiter an und kann mit unter auch etwas konfliktärer ausgetragen werden. Aufpassen sollte man bei diesem Spiel eh stärker als z.B. bei Skyjo, da über die Bonuskarten diverse zusätzliche Punkte zu verteilen sind. Diese können auch mit einer temporären Auslage erreicht werden, so dass Aetherya anders als Skyjo über verschiedene Phasen ablaufen kann.
Hat mir in Summe gut gefallen und bin weiteren Partien durchaus nicht abgeneigt.