Wir würfeln unser Dorf
Ist my Village nur eine Würfeladaption des erfolgreichen Village vom gleichen Autorenduo oder eher ein eigenständiges Spiel?
Die Erwartungshaltung Vieler ist gespalten. Village-Fans können auch nach zwei Erweiterungen nicht genug bekommen, andere gehen eher skeptisch an das Spiel.
Auch wenn gewisse Ähnlichkeiten und einige Ideen übernommen wurden, ist my Village nicht nur eine Würfeladaption des Kennerspiels von 2012 und richtig gut!
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Das Spiel
Der erste Unterschied beginnt schon beim eigenen Dorf. Trotz zentralem Spielplan bzw. Spielplansammlung aus einer großen Kartenauslage, hat jeder Spieler sein eigenes Dorf. In diesem sind 5 Dorfbewohner (Kirche, Rathaus, Reise, Produktion und Handel) angesiedelt. Natürlich wird auch bei My Village gestorben, denn jede Anschaffung wird durch bis zu drei verschiedene Ressourcen (Gewerke/Waren, Geld aber vor allem Zeit) bezahlt.
Zunächst werden jedoch die Würfel (Anzahl variiert je Mitspieleranzahl) geschwungen. Anschließend dürfen die Spieler reihum zwei Würfel (weiße kosten nichts, schwarze Pestwürfel 2 Zeiteinheiten) wählen. Diese werden zu einer Zahl addiert. Mittels der Punktzahl kann über Banner im Dorf eine oder mehrere Aktionen aktiviert oder (also nicht gleichzeitig) am zentralen Markt-(Spiel)plan Anschaffungen (neue Karten) erworben werden.
Diese dürfen ab der nächsten Runde – bei der richtigen Würfelzahl – im Dorf ebenfalls aktiviert werden. Dazu ist es sinnvoll sich Ergebnis“ketten“ aufzubauen, um den Wurf möglichst effizient (=mehrfach) nutzen zu können. Im Dorf sind auch die Funktionen Nachwuchs, Ernte (bringt Geld), Münzscheune (so etwas wie die Spardose), sowie der Pfad zur Aktivierung der Punkte des Geschichtenbaums angesiedelt. Der zentrale Marktplatz enthält auch den Friedhof, welcher neben Bonuspunkten auch anzeigt, wie lange noch gespielt bzw. gestorben werden darf. Letzteres geschieht immer, wenn der Zeitmarker zehn Zeiteinheiten im Dorf vorwärts geschoben wurde und Gevatter Tod zuschlägt. Dann muss ich einen meiner 5 Gefolgsleute auf den Friedhof befördern und darf in der Zeit der Abstinenz die jeweiligen Karten vor Ort nicht aktivieren. Da heißt es dann zeitnah für Nachwuchs sorgen.
Ist die notwendige Anzahl an Verstorbenen erreicht, endet das Spiel und die Punkte sowie der Sieger werden mittels beiliegendem Wertungsblock ermittelt.
Sehr schönes auf den ersten Blick etwas erschlagendes Kennerspiel.
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Autor: Markus und Inka Brand • Grafiker: Dennis Lohausen • Verlag: eggertspiele | Pegasus • Jahr: 2015
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Material – 09
In der BRETTSPIELBOX befinden sich: 1 Zentralplan, 4 Dorfpläne, 4 Oberhäupter und 4 Zeitmarker (je 1 pro Spielerfarbe), 12 Standardwürfel (8 weiße Würfel, 3 schwarze Würfel,1 grauer Rattenwürfel), 1 Ratte 1 Wertungsblock, 4 Gevatter Tod“-Aufsteller, 58 Geschichten-Punkte-Plättchen (31ד1″ 14x“2″, 13ד5″ ), 70 schwarze Holzmarker (univeral einsetzbar für Geld, Ressourcen- und Personenmarker), 4 Tagelöhner-Plättchen, 1 Startspieler-Hand, 4 „2/12er“-Plättchen, 4 Übersichtskarten, 104 Dorfkarten (4 Kirchenkarten, 12 Mönchskarten, 4 Rathauskarten, 4 Versammlungsplatzkarten, 8 Kornfeldkarten, 19 Reisekarten, 20 Handwerksgebäudekarten, 33 Kunden-/Handelskarte) – Da kommt schon einiges zusammen!
Sehr umfangreiches Material von guter Qualität. Die Karten fallen durch ihre Stärke sowie ihrer eindeutigen Symbolik positiv auf. Warum der Gevatter „Tod“ Aufsteller beim Bewegen immer wieder auseinander fällt und nicht stabiler konstruiert wurde, weiß ich leider nicht. Hier gibt es kleinere Abzüge.
Einstieg – 08
Ja, das Spiel kann auf den ersten Blick alleine wegen der Materialfülle erschlagen: da kommen hier noch Karten und dann noch dieses und jenes, was es zu beachten gilt. Wenn man dann einmal tief durchatmet, wird man feststellen, dass das Grundmuster z.B. bei den Karten durch alle Teilbereiche hindurchgezogen wird. Somit braucht man gar nicht so viel zu „lernen“. Zudem benötigt man unbedingt eine Probepartie (idealerweise macht man diese zu zweit, um das Spiel schneller kennenzulernen), um sich mit den Mechanismen vertraut zu machen.
Spielgefühl – 08
Nachdem man den ersten Schock der Materialvielfalt verdaut hat, kommt man sehr schnell in das Spielgeschehen. Und ehe man sich versieht, ist schon der letzt mögliche Bewohner verstorben (bei 2 Spielern 9 / 3 – 14 / 4 – 18) und das Spiel ist sehr schnell zu ende. Dabei hatte man ja noch soviel vor: den Handel noch nicht erledigt, die Siegpunkte noch nicht gesichert etc. Mist ;-). Zeit ist im ganzen Spiel sehr knapp bemessen. Sei es für die „wenigen“ Würfelaktionen oder als Kostenfaktor.
An dieser Stelle mein erster Rat: man sollte sich auf einige Ausbauten fokussieren und nicht versuche überall gleich erfolgreich zu sein. Dieses kann im Spiel nicht gelingen und man wird mit Sicherheit verlieren.
Strategien gibt es einige: Nutze ich z.B. die Kirche in Kombination mit dem Rathaus und dem Reisenden. Bin ich eher als Produzent und Händler unterwegs. Fokussiere ich mich auf den Kirchfensterausbau in Kombination mit Landwirtschaft und Produktion und versuche die Starthand (Wert wird pro Runde um 1 Siegpunkt erhöht) zur rechten Zeit zu bekommen etc.. Lege ich meinen Wert eher auf die Randzahlen oder die häufiger auftretenden Zahlen zwischen 5-8! An dieser Stelle gilt es geschickt zu kombinieren und das beste für sich herauszufinden (siehe Langzeitspaß).
Nicht so schön empfinde ich das zusätzliche Aktivieren der Geschichtenpunkte. Dieses stört und wirkt konstruiert, um eine zusätzliche Bremse einzubauen und ggf. regulierend (ist der Rattenwürfel am Ende angelangt, so muss man die Hälfte der nicht gesicherten Punkte abgeben) zu wirken. Wird auch den größten Ärgerfaktor im Spiel haben, da man den ein oder anderen Mitspieler ordentlich bluten lassen kann, wenn man zur rechten Zeit einen eigenen Dorfbewohner ins Jenseits befördert.
Sehr gut dagegen gelöst ist der Einsatz der schwarzen Universalmarker als Geld-, Ressourcen-, Aktions- und Personenmarker. Diese reduzieren die Anzahl der einzusetzenden Plättchen deutlich und machen das Spiel aus meiner Sicht übersichtlicher (auch wenn dieser Meinung nicht jeder ist).
Trotz Würfeleinsatz ist der Glücksfaktor überschaubar. Im Spiel sind einige Mechanismen eingebaut, die Würfel zu „bearbeiten“, wenn es mal nicht so laufen würde.
Attraktiv empfinde ich auch, dass sich das Spiel sowohl zu zwei, drei wie auch vier Spielern gleichermaßen gut spielen lässt. Die Spielregeln werden nur minimalst angepaßt.
Langzeitspaß – 08
Ist eindeutig gegeben. Wenn man sich einmal mit der Mechanik vertraut gemacht hat, will man diese auch austesten und über verschiedene Strategie ausprobieren.
Einsteiger und Fortgeschrittene unter einen Hut zu bringen wird jedoch etwas schwerer möglich sein.
Die Zeit ist mit 60-90 Minuten je nach Spieleranzahl nach ein paar Partien gut zu schaffen. Und gerade bei zwei Personen ist ein 60 Minuten Match in diesem komplexeren Genre nicht unbedingt alltäglich.
Ich konnte das Spiel schon auf dem Herner Spielewahnsinn spielen und der Eindruck von damals hat sich bislang in den Testpartien danach weiter bestätigt und macht Lust auf weitere Partien.
Erweiterungen:
Auszeichnungen:
Spielregeln (ext. Link zu eggertspiele):
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