Home Jahr 2022 REVIEW | Rezension Brettspiel Endless Winter

REVIEW | Rezension Brettspiel Endless Winter

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Wenn ich Endless Winter erkläre, könnte ich Einleiten mit „Wir spielen ein Deckbuilder.“ Genauso gut kann ich aber auch behaupten wir spielen ein Worker-Placement Spiel, oder auch Area-Control. Tatsächlich finde ich in Endless Winter fast jeden Mechanismus aus Brettspielen wieder, den es gibt. Das macht es natürlich einfach jemandem das Spiel schmackhaft zu machen, indem man einfach den Mechanismus hervorhebt, den diese Person am liebsten mag.  

So konnte ich es recht schnell auf den Tisch bringen. Seitdem ich Ende 2020 auf Kickstarter auf den All-in Button geklickt habe, war ich sehr gespannt was dieses Spiel mit dieser Fülle an Mechanismen zu bieten hat und ob sich die Entwickler nicht vielleicht doch etwas zu viel vorgenommen haben.

Im Folgenden lest ihr, wie es dann wirklich angekommen ist. Außerdem habe ich noch kurz die verfügbaren Module und Erweiterungen beschrieben, die mit dem Kickstarter ausgeliefert wurden. Zuletzt noch der Hinweis, dass alle Bilder auch von der Kickstarter Version mit dem verbesserten Material gemacht worden sind.

Tim


SPIELBESCHREIBUNG

Endless Winter wird über vier Runden gespielt. Jede Runde wiederum ist in drei Phasen unterteilt. In der Aktionsphase wechseln wir uns mit unseren Zügen ab. Der erste Schritt im eigenen Zug besteht darin, beliebig viele Fortschrittskarten aus der Hand zu spielen. Als nächstes setzten wir eine unserer Figuren auf eines der Aktionsfelder oder das eigene Ruhefeld. Dabei spielen wir Stammeskarten aus der Hand aus, um diese Aktion zu verstärken.

Im Basisspiel gibt es vier verschiedene Aktionsfelder, die alle gleich aufgebaut sind. Es gibt einen Teil der Aktion, der beliebig oft ausgeführt werden kann. Der zweite Teil der Aktion kann nur einmal ausgeführt werden. Wer die Aktion zuerst in der Runde ausgewählt hat, kann noch einen zusätzlichen Bonus abstauben.

Jeder diese Aktionen bezieht sich auf einen der verschiedenen Mechanismen in Endless Winter:

  1. Deckbuilding: Mit der ersten Aktion bekommen wir neue Stammeskarten ins Deck und dürfen, falls wir die erste Figur eingesetzt haben, eine Karte begraben – also aus dem Deck entfernen.
  2. Tableubuilding: Die zweite Aktion erlaubt es uns Fortschrittskarten zu erwerben, aber auch heilige Steine auf unser Tableau zu legen, die in jeder Sonnenfinsternis für bestimmte Ziele Punkte bringen.
  3. Area-Control: Um mit dem Geländespielplan zu interagieren, nutzen wir die dritte Aktionsmöglichkeit. Damit können wir Lager von unserem Tableau einsetzten und verschieben, sowie Siedlungen bauen.
  4. Set Collection: Die vierte Aktion bezieht sich auf die Tierkarten. Damit können wir neue Tierkarten aufdecken und auch welche ziehen. Außerdem können wir auch ein Tier erlegen, was einen schönen Bonus bringt, aber das Tier nicht mehr für die Schlusswertung zählen lässt.

Nach unserem dritten Zug können wir ungenutzte Karten in den Sonnenfinsternisstapel legen. Wenn das alle gemacht haben, wird die Sonnenfinsternis eingeleitet. Darin wird zuerst die neue Zugreihenfolge bestimmt. Diese wird anhand der Menge an Arbeitskraft bestimmt, die wir in unserem Sonnenfinsternisstapel vorbereitet haben. Die Arbeiter auf dem Ruhefeld zählen dabei auch noch 1½ Punkte an Arbeitskraft. In dieser neu bestimmten Reihenfolge handeln wir nun nacheinander die gesamte Sonnenfinsternis ab. Dabei bekommen wir Punkte und Einkommen von der Zugreihenfolgeleiste, den Karten im Sonnenfinsternisstapel, den kontrollierten Gebieten auf dem Geländespielplan und unserem Spielertableau.

Nach der Sonnenfinsternis bereiten wir in der Vorbereitungsphase die nächste Runde vor. Wir nehmen unsere Arbeiter zurück, füllen die Kartenauslagen auf und ziehen fünf weitere Karten auf die Hand. Dabei ist es also auch möglich die neue Runde mit mehr als fünf Karten zu beginnen.

Nach der vierten Sonnenfinsternis geht das Spiel zur Schlusswertung über. Dabei bekommen wir noch Punkte für übriggebliebene Ressourcen und begrabene Katen. Beides wird darüber bestimmt, wie weit wir auf den zwei Leisten der Götzentafel vorangeschritten sind. Je weiter vorne, desto mehr Punkte gibt es. Außerdem gibt es Punkte für die Karten im Deck – begrabenen Karten zählen hierfür mit – und die gesammelten Tiere.



AUTOR:Stan Kordonskiy  ■ ILLUSTRATIONEN: Mihajlo Dimitrievski, Yoma
VERLAG: Frosted Games ■ ERSCHEINUNGSJAHR: 2022

1-4 Spieler

ab 12 Jahren

ca. 60 – 120 Minuten

Spielregeln (ext. Link zu Pegasus)


SPIELGEFÜHL

Das Artwork in Endless Winter stammt wieder einmal von Mihajlo Dimitrievski – bekannter als „The Mico“. Auch wenn ich zugegebenermaßen für einige Zeit seine Illustrationen satthatte, so bin ich hier wieder überzeugt, denn seine Arbeit hilft, das Thema zum Leben zu erwecken. Die Menge an Details im Artwork auf Karten, Tableaus und anderen Komponenten ist fantastisch. Von den Komponenten her hat sich der Verlag nicht lumpen lassen. Es macht dadurch schon richtig Spaß zu spielen. Das Spiel kommt mit hochdetaillierten Miniaturen, doppelschichtigen Tableaus, hochwertigen Holzmaterialen und hervorragendes Kartenmaterial.

Das führt dazu, dass Endless Winter auf dem Tisch einfach großartig aussieht. Überhaupt bietet das Spiel eine beachtenswerte Tischpräsenz. Auf unserem Brettspieltisch schaffen wir es gerade so aufzubauen und dabei wird es zu viert auch schon sehr eng. Die Spielmatten helfen ein wenig dabei das Spiel platzsparend aufzubauen. Normalerweise nutze ich selten Spielmatten, vor allem seit wir den Brettspieltisch haben. Aber für Endless Winter hole ich sie dann doch raus. Der einzige Nachteil daran ist, dass durch diese vielen Komponenten die Auf- und Abbauzeit um einiges grösser ist, als andere Spiele. 10 bis 15 Minuten muss man da schon rechnen.

Wie ich zu Anfang schon angedeutet habe, kommt Endless Winter mit einer ganzen Menge an Mechanismen und mischt diese in ein einziges, episches Spiel. Ich muss gestehen, dass ich ganz zu Anfang besorgt war, dass alles zusammengenommen zu viel wäre. Aber schon während des ersten Spiels habe ich gemerkt, dass alle Mechanismen aus einem bestimmten Grund vorhanden sind und dass sie alle miteinander verflochten sind und eine wesentliche Rolle im Spiel spielen. Auch wenn ich nicht sofort alle Mechanismen möglichst gewinnbringend nutzten konnte, habe ich sofort Lust auf eine weitere Partie gehabt um noch weiter zu optimieren. Ich weiß von Testspielern, wie viel Zeit zum Testen von Endless Winter geflossen ist. Genau das merkt man diesem epischen Spiel auch an, was sich sonst nicht so reibungslos spielen lassen würde. Eine Eigenschaft, die leider nicht immer auf ein Kickstarter-Spiel zutrifft.

Das Spielgefühl von Endless Winter ändert sich im Laufe der Partie. In der ersten Hälfte des Spiels hat man das Gefühl nichts erreichen zu können. Auf der Punkteleiste tut sich fast gar nichts, und auch sonst fühlen sich die gesetzten Ziele noch in weitere ferne an. Sobald ich aber mein Deck etwas aufgebaut habe, lassen sich starke Kombos generieren und das gibt es sehr belohnendes Gefühl. Der Nachteil daran ist allerdings, dass diese Verkettung zu einer enormen Downtime führen kann. Besonders in voller Besetzung kann das schon mal einige Minuten dauern, bis ich wieder am Zug bin. Es gibt auch nicht allzu viel Interaktion im Spiel, sodass man das einfach abschaltet, während die anderen am Zug sind.

An manchen Stellen läuft das Spiel dann aber auch zu reibungslos. Durch die vielen Verschiedenen Elemente im Spiel denkt man am Anfang, man muss sich auf was bestimmtes konzentrieren. Allerdings ist es oft so, dass ich am Ende des Spiels doch alles erreicht habe. Ich bin auf den Leisten ganz oben, habe viele Tiere gesammelt, ein gutes Deck mit vielen Punkten zusammengestellt, alle Dörfer und Lager platziert und mein persönliches Tableau optimiert. Manchmal brauche ich den letzten Zug im Spiel nicht. Das fühlt sich bei nur 12 Zügen im ganzen Spiel nicht richtig an. Um dennoch Variabilität reinzubringen, spiele ich nur noch mit den Erweiterungen und Modulen. Aus diesem Grund – und auch wegen der Fülle an Möglichkeiten – möchte ich hier auch noch ein Wort über diese zusätzlichen Möglichkeiten verlieren.

Das Grundspiel selbst kommt mit zwei optionalen Modulen: Eisfundplättchen und Ruheplättchen. Das erste Modul bietet eine Belohnung, wenn ich eine Siedlung neben einem sonst unlukrativen   Gletscherplättchen baue. Die Ruheplättchen gewähren mir jedes Mal eine andere Belohnung, wenn ich als erster das Ruhefeld nutze. Beide Module fügen nur geringfügig neue Regeln hinzu, bringen aber sinnvolle neue Entscheidungsmöglichkeiten mit. Beide sehr empfehlenswert!

Vierbeinige Freunde Module: Hiermit kommen Wölfe ins Spiel, die ich durch das Ruhefeld ins Deck bekomme. Sie sind nicht so mächtig wir andere Stammeskarten, können aber zu bestimmten Zeiten nützlich sein. Optional!

Ritualstätten Erweiterungsmodul: Dieses Modul lässt mich eine Ritualstättenkarte nehmen, um zusätzliche Punkte zu kassieren. Im Anschluss darf ich aber nie wieder im Spiel eine Karte begraben. Empfehlenswert!

Aurora Borealis Modul: Das Modul fügt dem Deck von Anfang an eine asymmetrische Karte hinzu. Sie kann wie eine Fortschrittskarte gespielt werden, oder in die Sonnenfinsternis mitgenommen werden. Optional!

Mammut Modul: Das Mammut kann von allen auf dem Geländespielplan bewegt werden und nimmt an der Wertung für die Mehrheit in einem Gebiet wie ein neutraler Spieler teil. Optional!

Höhlenmalerei Erweiterung: Ein X-and-Write Mechanismus ist sicherlich etwas unerwartet bei dieser Art von Spiel. Diese Erweiterung führt einen fünften Aktionsbereich ein, der sich auf ein neues Tableau konzentriert, auf dem ich Höhlenmalereien zeichne. Dadurch kann ich mir verschiedene einmalige oder auch wiederkehrende Boni freischalten. Auch wenn es die Erweiterung ist, die am meisten verändert, fügt sie sich sehr gut in das Spiel mit ein. Empfehlenswert!

Ahnen Erweiterung: Dies ist eine „more-of-the-same“ Erweiterung. Sie fügt alternative Tier-, Fortschritts- und Stammeskarten hinzu. Dadurch kommt mehr Variabilität ins Spiel, weil ich die Karten aus dem Grundspiel durch die aus der Erweiterung ersetzten kann. Weil ich diese Entscheidung für jede Karte einzeln treffe, ergibt ich ein sehr flexibler Aufbau. Allerdings verlängert sich die Auf- und Abbauzeit nochmals durch diese Entscheidung. Sehr empfehlenswert!

Flüsse und Flöße Erweiterung: Hierdurch ändert sich der Geländespielplan grundlegend. Nun kann ich nicht nur meine Lager verschieben, sondern auch mein Floß den Fluss hinab oder hinauf bewegen. Dazu kommen noch Fischmarker als neue Belohnung hinzu. Diese bieten die üblichen Boni, nur dass ich diese blind ziehe. Empfehlenswert! Höhlenmalerei Erweiterung: Ein X-and-Write Mechanismus ist sicherlich etwas unerwartet bei dieser Art von Spiel. Diese Erweiterung führt einen fünften Aktionsbereich ein, der sich auf ein neues Tableau konzentriert, auf dem ich Höhlenmalereien zeichne. Dadurch kann ich mir verschiedene einmalige oder auch wiederkehrende Boni freischalten. Auch wenn es die Erweiterung ist, die am meisten verändert, fügt sie sich sehr gut in das Spiel mit ein. Empfehlenswert!


Zusammenfassung

Endless Winter ist ein großartiges Erlebnis und am Spieleabend ein abendfüllendes Ereignis. Trotz der ungeheuren Fülle an Möglichkeiten fühlt es sich aber für mich so an, all dass es erst richtig aufblüht, wenn ich auch mit den Erweiterungen und Modulen spiele. Auch wenn ich das Grundspiel keineswegs als unvollständig beschreiben würde, fehlt es sonst an Variabilität. Das finde ich eher ungewöhnlich, denn sonst spiele ich nur selten mit Erweiterungen.

Das und der Fakt, dass ich bei dem Gedanken an den Aufbau doch überlege, nicht lieber was anderes auf den Tisch zu bringen, lässt Endless Winter für mich knapp an der Bestnote vorbei schrammen. Wer aber Lust hat sich die Zeit zu nehmen wird mit einem epischen Spielgefühl belohnt, welches nicht viele Wünsche offenlässt.

  • Hochwertige Produktion
  • Viele verschiedene Mechanismen, die gut integriert sind
  • Große Variabilität (mit den Erweiterungen)
  • Lange Züge und viel Downtime
  • Benötigt sehr viel Platzh
  • Auf- und Abbauzeit ist zu lang

Ich mag komplexe Euros. Endless Winter ist da keine Ausnahme. Ich spiele es aber nur noch All-in, also mit allen verfügbaren Modulen und Erweiterungen. Das macht für mich den Schritt von einem gutem zu einem sehr guten Spiel. Am liebsten aber zu zweit!

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